Move D - Kunststoff (Source/EFA)

4 von diesen Tracks sind als 12" auf der von uns im letzten Heft sensationell unterbewerteten 5th Freedom EP ausgekoppelt, und wer sie sich trotzdem besorgt hat, der dürfte es nicht abwarten können, mehr davon zu hören. Vom brilliant designten Sessel bis hin zum letzten Ton ist alles auf dieser CD so unglaublich angenehm kalt und präsent emotional zugleich. `The Rebirth Of Cool'. Da finden sich nebeneinander Sounds, die jede Art von Jazz und Swing, die jede andere Art barathmosphäre einfach und für lange Zeit hin obsolet machen. Man sollte sie Stewardessen zur Schulung vorspielen und die Welt wäre wieder ein angenehmerer Ort. Design hat ganz andere Dimensionen, als man gerne wahrnehmen möchte. Wer Stil hat, oder soetwas in seinem Leben vermißt, der sollte sich diese CD holen. Man kann sie sich sehr gut in einem leeren Zimmer vorstellen, zusammen mit einem Stuhl wie auf dem Cover und einer unsichtbaren Stereoanlage. Das ist Indoors Music. Musik, die selbst aus der schäbigsten 4 qm Wohnung einen Raum macht, der durch seine vernünftig durchdachte Anwesenheit und perfekte Aufteilung besticht. Schluß mit den Halbwahrheiten. Wer die 70ger will, will die 60ger, die 50ger, die 90ger und alles, was sie hätten werden können. (*** ***) Bleed

SPEX
Nahezu unbemerkt veröffentlicht das Heidelberger Label Source um David Moufang alias Move D seit Jahren Schallplatten, deren Bekanntheitsgrad sich im Grunde reziprok zu den Möglichkeiten und zusammengeführten Stilen verhält. In diesem weiten Bereich zwischen House, Ambient, Techno (im ursprünglichen Sinne), elektronischer Avantgarde und angenehmster Unaufdringlichkeit von herbeihalluziniertem Instrumentalpop gibt es eigentlich niemanden, der ihnen nahe kommen könnte. Die neue LP von Move D, »Kunststoff«, mit ihrem schmucklosen 60er-Jahre-Konferenzstuhlcover funktioniert in diesem Sinne wie ein weiteres, endloses Understatement. Jedes der Stücke könnte ein Lullaby sein, aber auch Funk, oder Elevator Music. Die Feinheiten, mit denen Samples, analoge Sounds und Drummachines umeinander kreisen und sich in einer gepflegten Weise miteinander auseinandersetzen, könnte als Modell für jede Art von Diskurs sozusagen das Standardnachschlagewerk werden. Ich will jetzt nicht das große Angenehm an die Wand malen, aber genau darum geht es. »Kunststoff« ist einfach zu dekorativ, um wahr zu sein, zu ausdifferenziert individualmusikalisch, um irgendetwas wollen zu können. Vielleicht zu selbstverloren, um mehr zu bedeuten als perfekte Barmusik eben bedeuten kann. Allerdings müßte die dazu perfekt passende perfekte Bar erst erfunden werden, und das dürfte schwierig werden. Schmooven sagt man in Wien. Angenehm, nicht stumpf.
© Spex,Sascha Kösch